Soll ich ein eigenes Regelwerk schreiben? Hmm,….du hast eine Idee für ein Tabletop? Aber was nun? Jeder kennt das. Du hast eine geile Idee für ein eigenes System, eine Idee für einen super Plot und sowieso die Revolution für die Tabletopbranche im Kopf. Aber wie anfangen? Erste Zweifel, Motivationstief und erste Erfolge…
Was ist deine Motivation?
Das hier wird ein eher persönlicher Beitrag mit meinen eigenen Erfahrungen. Ich hatte vor ca. 5 Jahren begonnen mein eigenes Tabletop zu entwickeln. Thema: Zweiter Weltkrieg. Einige werden jetzt sagen: „Aber wieso? Der Markt ist doch übersättigt!“. Ja das mag sein, aber bereits ab diesem Punkt, kommen wir zu der notwendigen Motivation. Bevor du startest sollte dir eines klar sein: Warum und wieso willst ein Tabletop erschaffen? Es kann darauf nur eine richtige Antwort geben: Weil es dir Spass macht, dich ausfüllt und du es für dich (und nicht für andere) tust.
Diese Punkte werden dir nämlich immer wieder über Schaffenskrisen, Motivationstief und harter Kritik hinweghelfen.
Wie beginne ich?
Als erstes solltest du dir deine Idee notieren: Ist es ein Sci-Fi Setting oder möchtest du ein historisches Spiel entwickeln? Notiere deinen Plot oder die groben historischen Richtlinien. Darüber hinaus ist es anzuraten, dir deine Rahmenbedingungen zu notieren: Wird es ein Skirmish- oder ein Massenschlachtsystem? Soll es „casual“ oder „complex“ werden? W6 oder W10?
Mache dir einen Plan!
Einfach darauf los schreiben macht natürlich Spass. Aber du benötigst einen roten Faden, um nicht vom Thema abzuweichen. Erstelle dir, ähnlich wie eine Inhaltsangabe eine Aufstellung aller wichtigen Phasen und Spielmechaniken, die du behandeln möchtest. Es ist keine Schande sich von anderen Regelwerken inspirieren zu lassen.
Beispiel:
- Einführung: Erkläre was dein Regelwerk ausmacht und worum es geht. Erwähne vielleicht auch das benötigte Spielmaterial.
- Definitionen: Definiere die Begrifflichkeiten: Was ist Infanterie? Was sind Nahkampfwaffen? Wie sieht ein Einheitenprofil aus … etc.
- Spielephasen: Gehe darauf ein, wer was wann macht, z.B.: Bewegungsphase, Schießen, Nahkampfphase – Wechsel zum nächsten Spieler.
- Bewegung: Erst jetzt wird erklärt wie Modelle sich bewegen und sich ggf. auf verschiedenen Untergründen oder Höhen bewegen.
- Schießen: Auch hier gehst du auf das Schießen ein. Dazu könnte das Sichtfeld oder auch die Deckung gehören.
- Nahkampf: Erkläre den Spielern den CloseCombat – das muss natürlich nicht auf jede Idee zutreffen: z.B.: im Spiel X-Wing.
- Missionen: Mache es spannend. Missionen sorgen für Variation beim Spielen.
Denke immer daran, dich an deinen Plan zu halten. „Content before Visuals“. Verliere dich nicht in der Namensfindung, dem Design des Regelwerks oder irgendwlcher Token. Am Anfang ist das Erschaffene hoch dynamisch und wird sich oft ändern. Eine DinA4 zu layouten kostet viel Zeit und ggf. macht ihr Aufbau nach etwaigen weiteren Ideen, keinen Sinn mehr oder die Seite wirkt überladen.
Mein Tipp: Arbeite mit Word – ab Word 2010 gibt es eine klasse Möglichkeit mit Inhaltangaben zu arbeiten. Das wird dir helfen den Überblick zu behalten.
Wenn dein Grundgerüst steht, kannst du gerne mit dem spassigen Teil beginnen – der Einheiten oder Charakterprofile. Was bei fiktionalen Themen erstmal simpel erscheint, kann bei historischen Spielen schnell ausarten. Überlege dir vorab, „wie realistisch“ du dein System aufbauen möchtest. Je genauer du an z.B.: Panzerungen oder Waffendurchschlägen am zweiten Weltkrieg feilst, umso mehr wirst du mit Recherchen beschäftigt sein. Es ist also auch eine Zeit-Frage. In Bolt-Action werden verschiedene schwere Maschinengewehre als „HMG“ (Heavy Machine Gun) zusammengefasst, da es auf dem 28mm Maßstab sich um marginale Reichweitenunterschiede handelt und idR. die Kugeln aller HMG-Modelle letztenendes tödlich sind. Auf der anderen Seite wird das Spielen so etwas vereinfacht und beschleunigt.
Solltest du aber Spass an vielen unterschiedlichen Werten und am „Listen bauen“ haben, solltest du alles so erschaffen, wie es dir am besten gefällt.
Testspielen:
Dieser Teil macht sehr viel Spass – und er zeigt dir, ob dein Regelwerk spielbar ist. Hier kannst du viel lernen und deine ersten Stellschrauben anziehen. Es ist oft schwer Testspieler zu finden. Das liegt nicht daran, dass keiner Lust hätte oder kein Interesse an deiner Idee hat – oft fehlt den meisten die Zeit. Und die kostabre Zeit wird idR. mit Familie, Freunden oder dem eigenen Hobbysystem verbracht.
Tipp: Fragt auf Cons oder bei Tabletop-Clubs an, ob ihr euer System vorstellen dürft. Viele sind freundlich und zugänglich und offen für nette Vorstellungsrunden.
Kritik:
Kommen wir zu den unschöneren Seiten des Hobbys. Ihr werdet verschiedene Arten von Kritik erhalten. Sei sie konstruktiv oder auch einfach nur gemein. Kritik bedeutet aber auch, dass sich jemand mit eurem Werk auseinandergesetzt habt. Auch aus vernichtender Kritik könnt ihr etwas lernen – auch in ihr sind zwischen den Zeilen Verbesserungen herauszulesen. Sollte euch jemand an den Kopf werfen, dass das Regelwerk „verschissen schwer und total unübersichtlich ist“, dann solltet ihr vielleicht einen Einsteigerleitfaden schreiben oder prüfen, ob das Inhaltsverzeichnis aktuell ist. Konstruktive Kritik ist dagegen natürlich super – jemand interessiert sich nicht nur für euch, er gibt euch sogar Tipps. Das heißt nicht, dass ihr alles annehmen müsst – aber es ist ein unbezahlbarer Erfahrungsgewinn, auch einmal durch die andere Brille gucken zu können.
Zeit:
Viele sind Vollzeit beschäftigt, haben eine Familie und Freunde – die Zeit ist knapp. Lasst euch deswegen nicht unterkriegen! Es gibt keine Deadline und ihr müsst niemandem etwas beweisen. Aber auch hier muss jeder seinen Weg finden. Die einen arbeiten stetig wie eine kräftige Dampflok – langsam aber zuverlässig, und andere brauchen den Druck wie ein Schnellkochtopf…
…ich hoffe ich konnte den einen oder anderen motivieren oder ihm oder ihr die Zweifel nehmen. Wie in jeder anderen Lebenssituation zählt auch hier: „Just do it“ – von nichts kommt nichts.